2016: Europäische Flüchtlingskrise
Die weltweiten Fluchtbewegungen, die vor allem durch den Krieg in Syrien bestimmt waren, stellten auch im Jahr 2016 nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die amtliche Statistik eine Herausforderung dar. Neben den Qualitätseinschränkungen bei der Erfassung der Fälle und einer daraus resultierenden verspäteten Bereitstellung der amtlichen Einwohnerzahlen wirkte der Zustrom der Schutzsuchenden auch auf die Bevölkerungszahl sowie deren Entwicklung und Struktur.
Daten und Fakten
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Schutzsuchende in der Bevölkerungsstatistik
Der Zustrom der Schutzsuchenden spiegelt sich in drei Teilbereichen der Bevölkerungsstatistik wider. Datengrundlage für Aussagen zu Schutzsuchenden ist das Ausländerzentralregister, in dem alle Ausländerinnen und Ausländer geführt werden, die sich drei Monate oder länger in Deutschland aufhalten. In der Wanderungsstatistik sind sie in Form von Zu- bzw. Fortzügen abgebildet, können dort aber nur bedingt beispielsweise über die Nationalität oder das Herkunftsland identifiziert werden. Aufgrund der Meldepflicht der Schutzsuchenden finden sie letztlich Eingang in die Bevölkerungsfortschreibung, die die Bevölkerung am 31. Dezember eines Jahres unter anderem nach Nationalität ausweist.
Zuzüge von Ausländerinnen und Ausländern
In den beiden Jahren 2015 und 2016 registrierte Sachsen 122 755 Zuzüge von Ausländerinnen und Ausländern, wobei diese Wanderungsbewegungen maßgeblich von den Schutzsuchenden bestimmt waren. Die Zuzüge in diesen beiden Jahren entsprachen dabei dem Umfang der Zuzüge der Jahre 2011 bis 2014. Obwohl nach 2016 die Zuzüge auf hohem Niveau blieben, erreichten sie bis 2020 nicht mehr die Dimension der beiden Extremjahre. Während das Jahr 2015 als das Jahr des »Ankommens« bezeichnet werden kann, verließ 2016 bereits ein hoher Anteil der ausländischen Bevölkerung Sachsen wieder, was sich in einem hohen Fortzugsvolumen von über 41 500 Fortzügen für das Jahr 2016 widerspiegelt. Somit wurden durch die sächsische Verwaltung in den zwei Jahren 2015 und 2016 insgesamt rund 191 600 Wanderungsfälle über die Landesgrenze und 73 212 innerhalb Sachsens verarbeitet.
Die Gruppe der Schutzsuchenden kann auch im Ausländerzentralregister (AZR) nachgewiesen werden, in dem alle Ausländerinnen und Ausländer erfasst werden, die sich länger als drei Monate in Deutschland aufhalten. Am 31. Dezember 2016 waren für Sachsen 183 200 Personen mit ausländischer Nationalität im AZR erfasst. Dies bedeutete gegenüber 2014 eine Zunahme um rund 59 550 Personen. Die meisten Ausländerinnen und Ausländer hatten 2016 laut AZR die syrische Staatsangehörigkeit (11,5 Prozent).
Aufenthaltstitel
Hervorzuheben ist, dass mit dem Zustrom der Schutzsuchenden auch wieder verstärkt zeitlich befristete Aufenthaltstitel vergeben wurden. So hatten 2016 insgesamt 50 300 Ausländerinnen und Ausländer einen zeitlich befristeten Aufenthaltstitel, der darunter zu 40,3 Prozent aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt wurde. Gleichzeitig stieg auch die Zahl der ausländischen Bevölkerung ohne Aufenthaltstitel von 15,8 Prozent (2014) auf 23,2 Prozent (2016) an, wobei innerhalb dieser Gruppe die Aufenthaltsgestattung aufgrund des Durchführens ihres Asylverfahrens 2016 den größten Anteil mit 46,7 Prozent ausmachte.
Auswirkungen der Wanderungen auf die Bevölkerungsentwicklung
Die Dimension des Wanderungsvolumens hatte auch einen starken Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung von Sachsen und deren regionale Verteilung.
Bevölkerungszahl und -struktur
Während sich für das Jahr 2015 der Zustrom noch positiv auf die sächsische Bevölkerungsentwicklung auswirkte, konnte der positive Wanderungssaldo der deutschen und ausländischen Bevölkerung 2016 das Geburtendefizit von 15 389 nicht ausgleichen, so dass die Bevölkerungszahl Sachsens um 3 068 Personen bzw. 0,1 Prozent zurückging. Einzig in den Jahren 2014 (+8 889) und 2015 (+29 577) verzeichnete Sachsen bisher einen Bevölkerungszuwachs.
Der Zustrom der Schutzsuchenden wirkte dabei auch auf die Bevölkerungsstruktur in Sachsen. Im Jahr 2014 lebten demnach 117 057 Ausländerinnen und Ausländer in Sachsen, was einem Ausländeranteil von 2,9 Prozent entsprach. Im Jahr 2016 hingegen wurden laut Bevölkerungsfortschreibung 171 631 ausländische Personen erfasst. Damit stieg der Ausländeranteil um 1,3 Prozentpunkte auf 4,2 Prozent.
Altersstruktur
Neben der zahlenmäßigen Zunahme der ausländischen Bevölkerung wirkte die hohe Zuwanderung auch auf die Altersstruktur der sächsischen Bevölkerung. Das Durchschnittsalter der sächsischen Bevölkerung lag 2014 bei 46,71 Jahren und verzeichnete bis dahin einen stetigen Zuwachs. Die in Sachsen aufgenommenen Schutzsuchenden waren im Durchschnitt deutlich jünger und verlangsamten den Alterungsprozess, so dass das Durchschnittsalter 2016 mit 46,66 Jahren leicht unter dem des Jahres 2014 lag. Während das Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung 2016 bei 47,3 Jahren lag, betrug es für die ausländische Bevölkerung 31,6 Jahre. Im Jahr 2016 waren 35,3 Prozent der Ausländerinnen und Ausländer im Alter unter 25 Jahren. Im Jahr 2014 hatte der Anteil noch bei 29,1 Prozent gelegen. Ohne die junge ausländische Bevölkerung wäre die Zunahme des Anteils der unter 25-Jährigen 2016 gegenüber 2014 geringer ausgefallen, da die Zunahme in dieser Altersgruppe bei den Deutschen nur 0,1 Prozentpunkte betrug.
Regionale Unterschiede
Der Zustrom der Schutzsuchenden wirkte dabei in unterschiedlichem Maße auf die Entwicklung der ausländischen Bevölkerung in den einzelnen Kreisen. Sowohl vor (2014) als auch nach dem Zustrom (2016) wiesen die drei Kreisfreien Städte die höchsten Ausländeranteile auf. Im Jahr 2014 lebten in den Kreisfreien Städten 59,6 Prozent aller in Sachsen registrierten Personen mit ausländischer Nationalität, dieser Anteil ging bis 2016 auf 57,3 Prozent zurück, was unter anderem auch in der dezentraleren Verteilung begründet liegen kann. Trotzdem lag der Anstieg des Ausländeranteils in den Kreisfreien Städten 2016 gegenüber 2014 mit durchschnittlich 1,9 Prozentpunkten höher als in den Kreisen mit durchschnittlich 1,0 Prozentpunkten.
Asylbewerberinnen und Asylbewerber
Empfängerinnen und Empfänger von Asylbewerberleistungen
Diese Entwicklungen werden auch bei Betrachtung der Asylbewerber sichtbar. Erhielten in Sachsen 2011 noch 5 549 Personen Asylbewerberleistungen, wuchs diese Zahl bis 2015 auf 45 749. Wie auch die genannten Zu- und Fortzugszahlen nahelegen, sank diese Zahl bereits 2016 auf 28 672 und ging bis zum Jahr 2020 auf 20 715 zurück. Auffällig ist dabei die Geschlechterverteilung. Es überwiegen, auch im Zeitverlauf, männliche Leistungsbezieher. Jedoch ist deren Anteil rückläufig. Waren es 2011 noch knapp drei Viertel (73 Prozent), ging deren Zahl 2016 auf 70 Prozent und bis 2020 nochmals auf 67 Prozent zurück.
Herkunftsländer der Empfängerinnen und Empfänger von Asylbewerberleistungen
Bei der Betrachtung der Herkunft der Empfängerinnen und Empfänger von Asylbewerberleistungen zeichnet sich im Zeitverlauf ein dynamisches, von weltpolitischer Lage beeinflusstes Bild. Dominant ist dabei im Zeitverlauf der Herkunftskontinent Asien. Bereits 2011 machte diese Gruppe 58 Prozent aus. 2015 stieg der Anteil auf 70 Prozent und sank dann bis 2020 kontinuierlich auf 56 Prozent ab. Den höchsten Anteil einzelner asiatischer Länder hatten dabei Afghanistan und Syrien. So stammten 2016 knapp 19 Prozent aller Leistungsbeziehenden aus Afghanistan, bzw. 2015 fast 30 Prozent aus Syrien. 2020 waren es hingegen noch 8 bzw. 5 Prozent. Für den Herkunftskontinent Amerika stieg die Zahl der Leistungsbeziehenden aus Venezuela 2011 bis 2020 deutlich von 6 auf 1 040 Personen an. 2020 kamen somit 5 Prozent der Leistungsbeziehenden aus Venezuela. Aus Europa kamen die meisten Leistungsbeziehenden aus der Russischen Föderation (12 Prozent). Vom afrikanischen Kontinent traf das mit 5 Prozent auf Libyen zu.